Wissen
Der Schatz ist das Haus
Okt. 29, 2024
Wenn alte Häuser reden könnten, würde vielleicht auch das Schlossguggerhaus in Dornbirn erzählen, wann es tatsächlich erbaut wurde und von wem, was es alles erlebt hat und ob es wirklich einen sagenumwobenen Schatz verbirgt. Stefan Grabher erlag der Faszination rund um das älteste Haus der Stadt, kaufte es und ist seit zwölf Jahren seinen Geheimnissen auf der Spur. Für ihn ist klar: „Der wahre Schatz ist das Haus.“
Ein Bub liebt Geschichte und Geografie
Schlösser, Burgen, Kirchen, ferne Länder … Als Volksschüler gab es für Stefan Grabher nichts Schöneres als Geschichte und Geografie. Archäologe wollte er werden, nichts anderes. Zündendes Element war sein weltoffener und gebildeter Großvater, der dem Enkel eine ganz besondere Welt vermittelte. „Schon als Achtjähriger wollte ich das Schlossguggerhaus haben“, erzählt Stefan Grabher, heute erfolgreicher Kaufmann, der seine Leidenschaft mit seinem Projekt ausleben kann. So gesehen ist er in gewisser Weise doch Archäologe geworden. Denn was das Haus ihm alles vor die Füße spült, hätte er sich nie erträumen lassen. Plötzlich kamen Menschen auf ihn zu, konnten Ideen verwirklicht werden, lösten sich hier und da Knoten und kamen Prozesse in Gang, die sich verselbständigten.

Mit dem Haus kam der Wein
2012 war das Schlossguggerhaus nach acht Jahren Leerstand zu kaufen. Die Stadt wollte es nicht, wahrscheinlich war eine kostspielige Restauration des denkmalgeschützten Objektes jenseits des Möglichen. Stefan Grabher traute sich. „Irgendwie ging dann alles recht schnell“, erzählt er. Mit seinem Geschäftspartner Günther Haid sicherte er das Gebäude und überlegte was damit passieren sollte. „Ich wollte das Projekt in Ruhe genießen, das Haus analysieren, forschen …“. Die Dynamik entstand praktisch von selbst, u. a. mit dem Kennenlernen von Harry König, der im Jahre 2001 den Weinberg in der Eschenau angelegt hatte, bevor er bis 2018 im Piemont als Quereinsteiger das Winzerhandwerk erlernt und ausgeübt hatte. Zusammen mit Harry König entstand ein kleines, aber feines Weinkonzept mit einer Anbaufläche hinter dem Haus. Alte Pläne belegen, dass im sogenannten „Hefels Garten“ hinter dem Schlossguggerhaus schon vor Jahr-hunderten Weinreben gepflanzt wurden. Im Frühjahr 2024 wurden jetzt genau dort die zwei pilzresistenten Weißweinsorten „Muscaris“und „Blütenmuskateller“ ausgepflanzt. Im Keller wurden einige Adaptionen vorgenommen und entsprechendes Equipment angeschafft. Damit werden neben dem spannenden Projekt „Orange Wine“ in Amphoren (wie vor 8.000 Jahren in Georgien), zusätzlich in Tanks und Holzfässern auch klassisch ausgebaute Weine vinifiziert.
"Früher bot dort der ‚Dächlemacher‘ seine Schirme an“"
Mehr Bewahrer als Besitzer
Den Menschen möchte er etwas zurückgeben, auch der Stadt. „Mich erfasst eine Verpflichtung“, erklärt der Inhaber von „mary rose“ und ergänzt: „Alle Menschen, denen das Haus einmal gehört hat, hingen daran.“ So sieht er sich weniger als Besitzer denn als Bewahrer eines Hauses, dessen Geschehnisse ihn feinfühliger, aufmerksamer gemacht haben. „Du lernst mit der Zeit, so ein Haus zu lesen, und versuchst zu verstehen“, sagt er. Nichtsdestotrotz ist es für ihn ein spannendes Abenteuer mit immer neuen Überraschungen und Impulsen: „Der eine gibt sein Geld für ein Ferienhaus auf Mallorca aus, ich halt für ein altes Haus in Dornbirn.“ Und – nein: Bereut hat Stefan Grabher den Kauf noch keine Sekunde.

Das Schlossguggerhaus
Dieses älteste erhaltene Bauwerk in Dornbirn und stammt aus dem Hochmittelalter. Das Gebäude ist in Ständerbauweise errichtet und gilt als eines der ältesten Bauwerke dieser Art in Österreich. Es befindet sich an der Sebastianstraße 24 im Stadtteil Oberdorf, nahe den Überresten des Oberdorfer Turms. Das Gebäude wurde um 1292 errichtet; seine Entstehung im 13. Jahrhundert haben dendrochronologische Untersuchungen im Jahr 2010 bestätigt. Zuvor wurde lange Zeit das 15. Jahrhundert als Erbauungs-
zeitraum geführt. Seit 1967 steht es unter Denkmalschutz. Der Name „Schlossguggerhaus“ könnte darauf hinweisen, dass es einst
als Behausung eines Schlossaufsehers diente. Wahrscheinlich war es im Besitz des Grafen von Hohenems, der es als Verwal-
tungsgebäude nutzte. Eine Sage berichtet von einem unterirdischen Gang zum Oberdorfer Turm, in
dem während der Franzosenkriege Schmuck versteckt wurde. Architektonisch besteht das Schlossguggerhaus aus einer spätromanischen Bohlenständerkonstruktion, die ursprünglich vollständig aus Holz bestand, aber im Laufe der Zeit zu einem „Holz-Stein-Mischbau“ umgebaut wurde.
Bilder: ©FMH, Martin Wasler
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